Jeden Morgen beginnt Thorsten Keller den Tag mit einer Tasse guten Kaffees – schwarz oder Flat White – und einer frischen Ausgabe eines unabhängig veröffentlichten Magazins. Dann macht er sich zwei weitere persönliche Leidenschaften – Fotografie und Design – zunutze und arrangiert das heiße Getränk, den ausgewählten Titel und einige frische Blumen, um ein Foto zu machen, das er auf Instagram @coffeetablemags posten wird, wo die in seinem Online-Shop erhältlichen Zeitschriften hervorgehoben werden.
„Ich liebe Magazine wegen der fühlbaren Erfahrung, vom Geruch und der Haptik des Papiers bis zum Design“, erklärt Keller, freiberuflicher Mediendesigner in Hamburg und Gründer von Coffee Table Mags.
„Mich mit einer guten Zeitschrift hinzusetzen ist ein Luxus, etwas, das mich zur Ruhe kommen lässt, indem es mir eine willkommene Pause bietet, die ich der Hektik des digitalen Lebens entgegensetze“, sagt er.
Die Hintergrundgeschichte zum Nischenmagazin
Alles begann 2014 mit einem glücklichen Zufall, als ein Freund Keller einen Stand in seinem Hamburger Café anbot, um einige seiner Lieblingstitel zu präsentieren und zu verkaufen.
Keller, der sich nach eigenen Angaben seit seiner Schulzeit zum Verlagswesen hingezogen fühlt, als er an der Schulzeitung mitarbeitete, hat immer eine Menge Zeitschriften konsumiert, insbesondere schwerer zu findende internationale unabhängige Formate. Diese zu bestellen war jedoch nicht immer einfach, da es in seiner Heimatstadt kein lokales Fachgeschäft gab.
Einen eigenen Buchladen zu haben war ein Traum, also ergriff Keller die Chance, neben seiner Arbeit als Grafikdesigner ein kleines Unternehmen zu gründen. Keller zimmerte das erste Zeitschriftenregal für den Coffeeshop zu Hause, und am Abend vor der Eröffnung richtete er einen Online-Shop ein.
Sein Traum wurde wahr, denn glücklicherweise suchten so viele Gleichgesinnte aus Europa, China, Brasilien und den USA nach unabhängigen Titeln, dass das Geschäft florierte – Coffee Table Mags ist jetzt Kellers Hauptberuf.
Papier spielt für Zeitschriftenveröffentlichungen eine wichtige Rolle
Kellers Ziel ist es, rund 100 internationale unabhängige Magazine anzubieten, aber er berichtet, dass die Anzahl oft eher bei 150 liegt, da so viele gute Titel produziert werden, vom norwegischen Innenarchitekturmagazin Nytt Rom bis zum australischen Familien- und Foodconcept-Magazin Lunch Lady.
Laut Keller gibt es mehrere Gründe dafür, die Attraktivität des gedruckten Werks zu erhöhen.
„Gut gemachte Magazine halten das Wesen der Zeit fest, in der sie entstanden sind“, sagt er.
„Die Magazine, die ich führe, halten auch eine Zeit und einen Ort außerhalb der endlosen Geschichten in anderen Medien über die Pandemie fest“, erklärt er. Er fügt hinzu, dass unabhängige Zeitschriften oft viel weniger Werbung enthalten als wöchentlich oder monatlich erscheinende Mainstream-Magazine, und die inhaltlichen und produktionstechnischen Standards sehr hoch sind.
„Die Papierqualität ist mir wirklich wichtig. Wenn das Papier dünn oder minderwertig ist, beeinträchtigt es das Produkt, und ich bin nicht daran interessiert, solche Titel zu führen“, sagt er. „Dickes, hochwertiges Papier und eine luxuriöse Titelseite, zum Beispiel mit metallfolierter Prägeschrift, machen aus diesen Magazinen Sammlerstücke.“
Keller lässt sich bei seiner Auswahl von sozialen Medien wie Instagram und Blogs wie Stack Magazines inspirieren. Er erhält auch zahlreiche Anfragen von Verlagen und versucht, wenn möglich, Titel direkt von diesen zu kaufen, da dies eine der besten Möglichkeiten ist, Macher von unabhängigen Magazinen zu unterstützen.
Verlagstrend Sesselreisen
Ein neuer Trend, den Keller bemerkt hat, ist das Interesse an Ausgaben, die LeserInnen an exotische Orte wie Japan versetzen. Dies wird wahrscheinlich von dem globalen Reiserückgang im Laufe der vergangenen zwei Jahre befeuert.
Ein weiterer Trend ist die Internationalisierung. „So erscheint zum Beispiel The Weekender aus Köln mit den Themen Wohnen, Reisen, Essen und Natur seit kurzem nicht nur in deutscher, sondern auch in englischer Sprache“, berichtet Keller.
Momentan gibt es in Hamburg zwei physische Orte, an denen Kellers Magazine erhältlich sind, Public Coffee Roasters (Standort Wexstraße) und Balz & Balz, doch das Geschäft findet überwiegend im Online-Shop statt, dessen Slogan alles sagt: „Happiness in Magazines“.